Priesterbildung

Priester fallen nicht vom Himmel. Auch Berufung macht noch keinen Priester, mag sie noch so eindeutig sein. Nicht einmal die Weihe an sich lässt mich automatisch priesterlich werden. Um ein Priester Jesu zu werden, braucht es einen inneren Prozess. Es bedarf einer Ausrichtung am Ur-Bild des Priesters, an Jesus Christus. Nur darum geht es bei der Priester-Bildung: um Jesus. Seminar, Studium und geistliche Formung haben hier ihren Ort und Auftrag.

Im Priesterseminar wird die persönliche Berufung in der Gemeinschaft der Berufenen geerdet und im alltäglichen Miteinander auf die Füße gestellt. Das Erlernen von Philosophie und Theologie im akademischen Studium befähigt zur Begründung des Glaubens nach innen und nach außen. Intellektuelle Kompetenz macht kommunikations- bzw. auskunftsfähig, ermöglicht Verkündigung. Denn wer Gottes Anruf heute künden will, muss mit Vernunft Rechenschaft über den Grund seiner Hoffnung ablegen können – in einer säkularen Welt umso mehr. Die Öffnung für die geistliche Tradition christlicher Spiritualität gibt der Berufung eine affektiv-emotionale Grundlage und befähigt zur Unterscheidung in Glaubensdingen.

Auf dem Fundament einer gesunden menschlichen Reife ermöglicht Priester-Bildung mit den Dimensionen von Gemeinschaft, Studium und geistlicher Formung das Hineinwachsen in den Beruf des Priesters, der mehr ist als ein Job. Das Mehr des priesterlichen Dienstes besteht darin, dass es nicht um Wissen geht, sondern um eine intellektuelle und gleichzeitig existentielle Durchdringung der Glaubenswahrheit. Das Mehr des priesterlichen Dienstes erweist sich daran, dass pastorales Handeln keine Technik ist, sondern Seelsorge aus persönlicher geistlicher Erfahrung. Das Mehr der priesterlichen Berufung ist Jesus Christus in der Gemeinschaft der Kirche. Daran muss Priester-Bildung Maß nehmen und lernen.

Priester fallen nicht vom Himmel. Aber sie haben eine Ahnung davon, weil sie durch diese Perspektive umfassend gebildet wurden. Für diesen menschlichen, geistigen und geistlichen Bildungsprozess steht das Priesterseminar Sankt Georgen in ignatianischer Tradition.

Stephan Kessler SJ